Webers Moldawienprojekt
4. Newsletter Februar 2014
Liebe Freunde
Wir möchten mit euch wieder einmal ein paar Gedanken, Erlebnisse und Ermutigungen aus Moldawien teilen.
Nun sind wir schon ganze 4 Monate hier. Wir erhielten unsere Aufenthaltsbewilligung für ein Jahr. Uns geht es nach wie vor super. Louis spricht schon „fast“ besser moldawisch und russisch als wir Eltern und Josia übt sich tüchtig im Laufen.
Die lange moldawische Weihnachtszeit (vom 24. Dezember bis 7. Januar) haben wir vor allem mit vielem köstlichen Essen gut hinter uns gebracht. Moldawier lieben es zusammen zu sitzen und den ganzen Tag zu essen. Etwas Wunderbares!
Tour mit Hannah und Rastadave
Um den Jahreswechsel machten wir eine kleine Tour durch das Zentrum und den Norden Moldawiens. Es begleiteten uns Hannah und David, Freunde aus der Schweiz.
Silvester feierten wir in Orhei in einem Übergangszentrum für junge Frauen, welche aus Waisenhäusern kommen und keine Familie haben.
In diesem Zentrum erhalten die jungen Frauen ein stabiles Umfeld, werden in der Gemeinde integriert und haben die Möglichkeit eine Ausbildung als Näherin zu machen oder einem Studium zu folgen. Dieses Zentrum gibt den jungen Frauen ein Ort der Sicherheit und soll sie davor bewahren, dass sie irgendwo im Ausland als billige Arbeitskräfte ausgebeutet oder gar irgendwo im Menschenhandel als Sexsklavinnen missbraucht werden. Es war für uns sehr interessant diese Arbeit kennen zu lernen und wir waren tief beeindruckt wie sich die Leiterfamilie dieses Zentrums in die jungen Frauen investiert.
Dort lernten wir auch Oleg und Marina kennen. Sie leiten die Organisation "New hope Moldova" zu welcher auch das Zentrum in Orhei gehört. Oleg ist auch intensiv auf der Suche nach Möglichkeiten, Gemeinden und Dörfern in der moldawischen Provinz mit neuen Ideen und gezielten Investitionen eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. Für dieses Anliegen schlägt auch unser Herz. Wir bleiben sicher mit ihnen im Kontakt, um von einander zu lernen und uns gegenseitig zu unterstützen.
Ein erstes Projekt in dem ich mein Knowhow aus der Landwirtschaft einbringen kann, ist ein Milchsammelprojekt in Vatici. Dort geht es darum die lokalen Bauern in Kuhhaltung, Fütterung und Melken weiterzubilden. In der bereits bestehenden Milchsammelstelle wollen wir mit der Anschaffung von einer einfachen, gebrauchten Molkereieinrichtung versuchen, mehr Wertschöpfung im Ort zubehalten. Wir wollen den Lokalen die Möglichkeit geben Pastmilch, "Smîntina" und Butter herzustellen und dies direkt zu verkaufen. Dies ist nun in der Planung. Ich hoffe in unsern nächsten News mehr darüber berichten zu können.
Von Orhei reisten wir mit Hannah weiter nach Norden, wo wir in Drochia ihr Patenkind im Waisenhaus besuchten. Von dort ging es weiter nach Riscani wo wir David trafen und ihn für einen Tag in seinem Dienst unter den Romas unterstützten. Dazu gehörte das Besorgen und Verteilen von Lebensmitteln und Kohle. Es ist sehr erschütternd zu sehen, wie diese Menschen überwintern müssen. Eine Familie musste mit alten Kleidern einfeuern, weil sie kein Geld für Holz oder Kohle mehr hatten. Dort erlebten wir, wie diese einfache und kurzfristige Hilfe im Einzelschicksal betrachtet sehr essentiell ist.
Moldawischer Winter
Mitte Januar traf der Moldawische Winter dann doch noch so richtig ein. Temperaturen von minus 20 Grad ließen unser Leben im Camper noch mehr zum Abenteuer werden. Zwar konnten wir unser Wohnmobil immer noch kuschelig warm aufheizen, doch der Motor unseres 30 Jährigen Chevis streikte bei minus 20 Grad total.
Ansonsten ist der moldawische Winter wunderschön! Es ist oft kalt, sonnig und trocken. Der Schnee bleibt lange liegen und die Strassen, Gehsteige und Plätze sind schön weiss eingekleidet. Zum Spazieren oder zum in die Stadt zu Gehen packen wir unsere zwei Kids einfach auf den Schlitten und los geht es!
Seit ein paar Tagen haben wir wieder plus Temperaturen. Der Schnee schmelzt und überall liegt dicker Schlamm und es hat riesige Pfützen. Louis liebt es mit seinem Likeabike durch die Pfützen zu düsen. Simone weniger, da alles schmutzig und nass ist.
Brennholz Investition
Bei Anatoli Zuhause in Ungheni haben wir sozusagen unser Stammplatz mit unserem "casa pe roți". Anatoli ist ein richtiges kleines moldawisches Wirtschaftswunder. Er macht Business mit allem was natürlich ist und wächst. Im Sommer pflanzt, pflegt und erntet er aus seinem grossen Garten Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren und verkauft diese auf dem "piața". Er handelt auch mit Setzlingen aller Art Beeren. Dazu hält er ca. 30 Bienenvölker und ein Stall voll "nutria". Im Winter handelt er mit Brennholz, welches er als "metrovka" aus dem Staatswald kauft und dann bei sich zuhause in 3 Teile sägen lässt, spaltet und weiterverkauft.
Als ich Anatoli fragte, wie lange er denn das Brennholz trocknen lasse, meinte er: "was trocknen? kaufen, spalten und weiterverkaufen. So geht das Geschäft!" Die stark rauchenden Schornsteine der moldawischen Häuser und der schlechte Geruch ihrer Bewohner bestätigten meine Vermutung, dass die meisten Moldawier ihr Holz gerade so nass verbrennen wie es eben ist. Dies war mir als Sohn eines Bauern und Waldbesitzer natürlich ein Dorn im Auge und ich machte es mir zur Aufgabe da etwas zu ändern. Als ich Anatoli erklärte, dass beim Verbrennen von feuchtem Holz mehr als die Hälfte der Heizenergie zum Verdampfen des Wassers im Holz verloren gehe, war er zuerst skeptisch und meinte so etwas hätte er noch nie gehört. Als ich ihm dann eine Statistik über Feuchtegehalt und Energieeffizienz in Brennholz aus dem Internet zeigte, liess er sich langsam für meine Ideen der Holztrocknung erwärmen.
Nun habe ich mit ihm zusammen im Garten Platz geschaffen um Holzstapel aufzuschichten. Beim Baumarkt haben wir Blechtafeln bestellt um das ganze zu decken und sobald der Schnee geschmolzen ist, erhalten wir zwei LKW Ladungen mit Akatienholz aus dem Staatswald. Das Ziel ist es, das Brennholz über den Sommer zu lagern und zu trocknen und dann im nächsten Herbst/Winter zu einem etwas höheren Preis weiter zu verkaufen. So wollen wir die Holzkunden von Anatoli in ein Verständnis für trockenes und qualitatives Brennholz führen.
Das Geld für Unterstand und Holz kommt aus unserer Projektkasse. Ich hab mit Anatoli einen Vertrag gemacht, welchen ihn verpflichtet das Geld innerhalb von 2 - 3 Jahren zurück zu bezahlen.
Ich kann mir vorstellen, dass wir mit der Erfahrung aus der Arbeit mit Anatoli ein Modell erarbeiten können, um armen Familien im ländlichen Raum zu helfen. Indem wir mit ihnen einen kleinen Unterstand bauen und den Brennholzvorrat im Frühling auffüllen, schaffen wir für sie die Möglichkeit im Winter trockenes Holz zu verbrennen und so über einen längeren Zeitraum ihre Heizkosten zu halbieren. Dieses Modell wird pro Familie wahrscheinlich 200-250.- CHF kosten und kann ihnen langfristig sehr viel helfen.
Meine Mission
Ich, Simone, frage mich oft was ist den jetzt meine Aufgabe hier in Moldawien in der Mission. Ich sollte doch jetzt Grosses bewegen! In der Realität bin ich aber von meiner Aufgabe als Mutter und Ehefrau so absorbiert, dass in meinem Empfinden gar keinen Platz für grosse Taten bleibt. Aber Gott zeigt mir immer wieder, dass ich genau in dieser Aufgabe - von ganzem Herzen Mami sein - ein Vorbild und ein Segen für andere bin.
Auch sind die Umstände in denen wir leben, der kleine Wohnraum, fortwährend wechselnde Einsatzorte und -gebiete sehr herausfordernd. Aber wir haben diese Umstände ja bewusst gewählt, um die Möglichkeit zu haben nahe bei den Menschen und nicht an einen Ort gebunden zu sein.
Letzte Woche hatten wir Besuch von drei wunderbaren Frauen. Sabrina, Hannah und Janna. Ich reiste mit ihnen ein paar Tage durchs Land. Wir machten Frauenferien. Ich konnten super auftanken und mich erholen. Das tat richtig gut.
Mein Moldawien
Tobias
Vor einiger Zeit machte ich mit einem befreundeten Jugendleiter in Chisinau ein schöner Abend mit MacDonalds und Tucano Coffee. Wir hatten viele gute Gespräche über Gemeinde, Jugendarbeit, Vision und Strategie. An einem Punkt sagte er zu mir: "Weisst du, für mich ist das alles nicht so einfach. Ich war ohne Vorbild aufgewachsen, niemand lernte mich innovativ zu sein oder glaubte an mich. Bis ich Jesus kennenlernte, wusste ich gar nicht, dass das Leben auch noch etwas anderes für mich bereit haben könnte als das was einfach so passiert."
Wenn du das heute in deinem guten Zuhause in der Schweiz liest, will ich dich herausfordern, kurz inne zu halten und dankbar dafür zu sein, dass du in einer Gesellschaft gross geworden bist, wo man dich lernte innovativ und selbstständig zu sein, wo dir vermittelt wurde, dass du einzigartig bist und wo du lerntest, dass deine Entscheidungen positive oder negative Auswirkungen auf den Verlauf deines Lebens haben. Ich bin es auf jeden Fall.
Simone
Vor kurzer Zeit traf ich auf eine junge Frau in Ungheni. Es war schon dunkel und kalt draussen. Sie fragte mich, ob ich etwas Geld hätte, damit sie sich ein Brot kaufen könne. Ich lud sie zu uns nach Hause ein. Sie sagte, sie hätte kein Dach über dem Kopf. Dies machte mich traurig. Ich wollte ihr unser Bett im Camper anbieten, dies lehnte sie jedoch ab und verschwand wieder. Am nächsten Morgen war sie zum Glück wieder da. Wir verbrachten den ganzen Tag zusammen. Ich ging mit ihr zu einer Kollegin, welche uns übersetzen konnte. Sie erzählte uns ihre traurige und erschütternde Lebensgeschichte. Wir konnten für sie beten und ihr Kleider und eine warme Dusche geben. Wir wollten ihr aber unbedingt weiterhelfen. Sie meinte, sie könne keine Arbeit finden, da sie keine Identitätsdokumente habe. Die Dokumente müsste sie in ihrem Heimatdorf erstellen und für dies bei ihrer Familie die Geburtsurkunde holen gehen. Sie habe kein Geld dafür. Wir vereinbarten mit ihr, dass wir uns am nächsten Tag wieder treffen um zusammen in ihr Dorf zu gehen, um die Dokumente zu erstellen. Sie tauchte aber nicht auf und seit her habe ich sie nicht mehr gesehen.
Die ist nicht so eine ermutigende Geschichte. Aber es bewegte mein Herz. Wir wissen nicht was vorgefallen ist. Hatte sie Angst zu ihrer Familie zurück zugehen? Oder Angst ihr Leben zu ändern? War sie mit den Kleidern und dem wenigen Geld, dass sie von uns bekam auf und davon?
Diese Geschichte ist leider kein Einzelfall hier in Moldawien. Es war für mich entmutigend, dass ich dieser Frau nicht wirklich helfen konnte. Ich muss und will aber daran festhalten, dass ich mit meinem Handeln etwas Positives in ihr Leben sähen konnte.
"Denn als ich hungrig war, habt ihr mir zu essen gegeben. Als ich Durst hatte, bekam ich von euch etwas zu trinken. Ich war ein Fremder bei euch und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mir Kleidung gegeben. Ich war krank, und ihr habt mich besucht. Ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen…Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan!" Matthäus 25
Kleines moldawisches Wörterbuch
- smîntina = eine Art Sauerrahm, sehr typisch für Moldawien
- casa pe roț = Haus auf Rädern(Camper)
- piața = Markt
- nutria = südamerikanische riesen Ratte (wird wie Kaninchen gehalten und auch so gegessen :-)
- metrovka = auf ein Meter länge geschnittene Holzstämme
- Tucano Coffe = wie Starbuks, einfach nur besser, schöner und günster
La revedere!
Sit fescht gsägnet!
Tobi, Simone, Louis und Josia
Kontakt
Wer gerne noch im Gebetsteam sein möchte oder uns finanziell unterstützen möchte, darf sich gerne bei uns melden! Wir sind dankbar für jede Unterstützung!
Wir sind nun über folgende moldawische Natelnummern erreichbar:
Tobias: +373 68 57 87 36
Simone: +373 68 07 72 00
Wir freuen uns auch über Post:
Tobias Weber / Anatoli Griberiuc
Strada Decebal 66
226 Ungheni
Moldova
Email: webers@serve-east.ch
Website: www.serve-east.ch
Location: 66 Strada Decebal, Ungheni, Moldova
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